Mieter aufgepasst: Die Kaution darf nicht angerührt werden!
Ein etwas skurriler Fall aus München zeigt den hohen rechtlichen Stellenwert als Sicherheitsleistung der bei einem Mietvertrag hinterlegten Mietkaution. Greifen Mieter eigenmächtig – sofern hierzu eine Möglichkeit besteht – auf die hinterlegte Kaution zurück, liegt hierin eine erhebliche mietvertragliche Pflichtverletzung, die eine wirksame Kündigung des Mietverhältnisses mit sich bringen kann – doch was war eigentlich passiert?
Der Mieter räumt das Kautionskonto leer!
Im vorliegenden Fall verkaufte der Bewohner und Eigentümer einer Eigentumswohnung in München diese am 26.10.2017 an einen Käufer und vereinbarte mit dem neuen Eigentümer, gegen Zahlung einer Miete in der Wohnung weiterhin wohnen zu bleiben. Der künftige Mietvertrag über eine monatliche Kaltmiete von 550 € wurde direkt im Anschluss an den Kaufvertrag beurkundet. Zur Sicherung von Ansprüchen aus dem Mietverhältnis wurde dabei eine Mietkaution in Höhe von zwei Kaltmieten, also 1.100 €, vereinbart. Der Mieter eröffnete hierfür ein Konto und hinterlegte dort die 1.100 € Kaution und bestellte ein Pfandrecht für den Vermieter über das Guthaben.
Zunächst lief alles so wie ein ordentliches Mietverhältnis laufen sollte: Neben der Hinterlegung der Kaution erfolgte die Zahlung der Mieten regelmäßig und pünktlich. Doch als der Mieter zu Beginn des Jahres 2021 in finanzielle Nöte geriet, ging dieser am 22.01.2021 zu seiner Bankfiliale, um die gehaltenen Genossenschaftsanteile zu verkaufen. Auf Hinweis des Bankmitarbeiters, dass dies erst nach der nächsten Generalversammlung möglich sei, jedoch auf anderen Konten noch Guthaben vorhanden sei – unter anderem die 1.100 € auf dem Kautionskonto – löste der Mieter das Kautionskonto auf und lies sich das Guthaben auf sein Girokonto überweisen. Möglich war dies durch einen Fehler der kontoführenden Bank, die das bestellte Pfandrechts am Kautionskonto nicht mittels Sperrvermerk hinterlegt hatte.
Als der Vermieter dies merkte, kündigte er das Mietverhältnis mit der Begründung, dass das eigenmächtige Abheben der Kaution einen gravierenden Vertrauensbruch darstelle. Der Mieter – natürlich den Boden unter den Füßen entzogen – entgegnete, es handele sich um einen Fehler und er hätte ein anderes Konto auflösen wollen. Seines Fehlers gewahr, versuchte er im Anschluss unmittelbar eine neue Kaution zu zahlen.
Die Mietkaution: Sicherheit für Vermieter mit hohem Stellenwert
Im Anschluss an die Kündigung verklagte der Vermieter den Mieter auf Räumung der Immobilie. Der Fall landete aufgrund des Streitwerts zunächst beim Amtsgericht München und im Anschluss vor dem Landgericht München, wo in beiden Fällen zu Gunsten der Vermieters geurteilt wurde. Auch wenn nicht zweifelsfrei geklärt ist, ob sich der Mieter an der Kaution bewusst oder irrtümlich bedient habe, handelte er zumindest fahrlässig. Dies stellt in den Augen der Richter des LG Münchens einen Verstoß gegen seine mietvertraglichen Verpflichtungen dar, der die Kündigung des Mietvertrags rechtfertige.
Ein Blick in die Urteilsbegründung zeigt, dass das Gericht der Bedeutung der Mietkaution als hinterlegte Sicherheitsleistung für Vermieter einen sehr hohen Stellenwert beimisst. Die Kaution stelle eine fundamentale Verpflichtung des Mieters während der mietvertraglichen Bindung dar. Auch der Versuch des Mieters, den Umstand zu heilen, indem er nachträglich die Zahlung des Kautionsbetrags anstrengte, konnte an der Pflichtverletzung nichts mehr ändern und die Kündigung rückgängig machen.
Einzig und allein die moderate Räumungsfrist von vier Monaten war ein schwacher Trost für den Mieter. Hierbei berücksichtigten die Münchner Richter den angespannten Mietmarkt in München und die finanzielle und persönliche Situation des Mieters.
Landgericht München I, Endurteil vom 23.11.2022 – 14 S 10546/22