Ist McMakler pleite?

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McMakler kommt nicht aus den negativen Schlagzeilen. Wie das Magazin Capital berichtet hat McMakler zum Jahresende 2023 eine vierte Entlassungswelle in der eigenen Belegschaft verkündet. Der einstige Hype um das schillernden Immobilien-Start-up McMakler kommt zum Erliegen und in der Branche wird darüber spekuliert, wie lange das Geld für die Geschäftstätigkeit noch reicht.

Entlassungswelle Nr. 4 – dutzende Mitarbeiter von McMakler gefeuert

Nachdem wir bereits seit einiger Zeit über die Geschäftsberichte und die bisherigen Entlassungswellen bei McMakler berichten, kam es am 21. November 2023 beim kriselnden Berliner Makler-Start-up McMakler zu einer weiteren, nunmehr vierten Entlassungswelle.

Auf Nachfrage bestätigte McMakler gegenüber Capital, dass von den Kündigungen 58 Mitarbeitende – überwiegend im Headquarter in Berlin – betroffen seien, der überwiegende Teil davon betriebsbedingt. Gemessen an der gesamten Belegschaft entspricht dies nach Firmenangaben rund neun Prozent.

Als Ursache für die Kündigungen sieht McMakler-Chef Felix Jahn im wesentlichen verfehlte Umsatzziele resultierend aus dem eingetrübten gesamtwirtschaftlichen Umfeld. Die Umsätze im September und Oktober 2023 seien mit 10-15 Prozent deutlich unter Plan verlaufen und bedingen den weiteren Personalabbau um Kosten zu senken.

Der Personalabbau finde dabei im Wesentlichen im administrativen Bereich statt. So sind besonders die Mitarbeiter betroffen, die den Verkauf von Immobilien im Hintergrund unterstützen und vorbereiten, wie beispielsweise die Erstellung von Exposés. Laut Jahn solle dies künftig durch eine Software gelöst werden.

Von einst 1.000 Mitarbeitern nur noch knapp die Hälfte übrig

McMakler trat 2015 mit dem Ziel an, den Immobilienverkauf zu revolutionieren und galt in der Start-up-Szene lange Zeit als aussichtsreicher Kandidat, eine Unternehmensbewertung von über 1 Milliarde Dollar zu erzielen und somit als „Einhorn“ zu zählen. Als sogenannter Hybrid-Makler wollte McMakler den Verkauf von Immobilien im Wesentlichen durch Automation und Software weitestgehend digitalisieren. Hierzu zählte die stark beworbene digitale Wertermittlung einer Immobilie. Durch zahlreiche, kostenintensive Werbekampagnen wie Spots im Fernsehen oder Radio rief sich McMakler dabei stets in Erinnerung und versuchte als Marke bekannt zu werden.

Laut Pressemitteilung erzielte McMakler zuletzt im Geschäftsjahr 2022 einen Umsatz von 110 Mio. Euro. Ein Blick in den im Unternehmensregister veröffentlichten Geschäftsbericht offenbart aber die tatsächliche Dimension. Denn trotz 20 Prozent höherer Umsätze stand am Jahresende ein Betriebsergebnis von rund -57 Mio Euro Verlust.

Verglichen mit dem Geschäftsjahr 2021 hat sich der Verlust von -23 Mio Euro mehr als verdoppelt.

Besonders beunruhigend: McMakler erhöhte die sogenannten „Vertriebs- und Marketingkosten“ gegenüber 2021 von 25 Mio Euro auf 53 Mio Euro – also um über 50 %, konnte damit aber die Umsätze nur um 20 % steigern. Das ersehnte und von den Geldgebern geforderte Wachstum und die gewünschte Marktdurchdringung sind in weiter Ferne.

Als Grund für die in den letzten zwei Jahren verfehlten Ziele sieht das Unternehmen den unter steigenden Kreditzinsen kriselnden Immobilienmarkt. Viele Käufer sehen aufgrund der gestiegenen Finanzierungskosten und der Unsicherheit vom Kauf einer Immobilie ab oder können sich den Kauf schlicht nicht mehr leisten. Hinzu kommen die zahlreichen Bauträger, deren Projekte aufgrund explodierender Baukosten entweder gestoppt oder gar nicht mehr begonnen werden.

Von den in Hochzeiten rund 1.000 Mitarbeitenden sind nach vier Entlassungswellen in den letzten 1,5 Jahren nur noch rund die Hälfte übrig. Hinzu kommen die beunruhigenden, zahlreiche Abgänge aus Schlüsselpositionen qualifizierter Topmanager. So muss Felix Jahn seit Mai 2023 auf seinen Finanz-Co-Chef Raphael Thelen verzichten, dem widerrum im Juli der COO Gerrit Ahlers und im Oktober der Chefjurist Philipp Takjas folgten. Die Sorge dass der versprochene Turnaround ausbleibt und auf einem sinkenden Schiff unterzugehen scheint angesichts der Fluktuation und den Entlassungswellen real.

Das Geld ist knapp und reicht nur noch bis April 2024

McMakler besteht aktuell nur noch, weil Geldgeber regelmäßig frisches Geld nachschießen. Natürlich unter der Prämisse, gemachte Wachstumspläne einzuhalten. Seit der Gründung von McMakler wurden bereits mehr als 200 Mio. Euro Risikokapital in das Unternehmen investiert. Ob die Investoren ihr Geld jemals wiedersehen, scheint fraglich. Aufgrund der enorm gestiegenen Marketingkosten äußerte ein Insider zufolge gegenüber Capital, dass „das Marketing […] aktuell drastisch heruntergefahren“ wird „nachdem der mit frischem Geld finanzierte Turbo im Sommer verpufft ist“.

Bereits bei der letzten Finanzspritze im Juni 2022 über 20 Mio. Euro handelte es sich um eine finanzielle Notmaßnahme, bei der die Firmenbewertung radikal um etwa die Hälfte auf rund 400 Mio. Euro zusammengestrichen wurde, wie das Handelsblatt berichtete. Da sich keine neuen Investoren fanden, schoss McMakler-Chef Felix Jahn sogar eigenes Geld nach. Kein gutes Zeichen, zeigt es doch, dass außerhalb des Unternehmens kaum noch jemand an das einst gefeierte Geschäftsmodell glaubt.

McMakler-Chef Felix Jahn versucht optimistisch zu bleiben. Dank Personalabbaus gehe er davon aus, dass sein Unternehmen nun endlich die Profitabilität erreichen könne. Bei kritischer Betrachtung lohnt sich in dem Zusammenhang der Blick zurück – denn so waren seine Worte bei der dritten Entlassungswelle im Mai 2023, dass die Profitabilität bis zum Jahresende 2023 in Aussicht stehe. Nun solle es spätestens Anfang des zweiten Quartals 2024 so weit sein, vorausgesetzt, das Zinsniveau und die Nachfrage blieben stabil.

„Wenn die Ebbe kommt sieht man, wer die ganze Zeit über ohne Badehose geschwommen ist.“

Der ausbleibende Erfolg von McMakler zeigt, dass das Immobiliengeschäft nur zu einem Teil automatisiert und digitalisiert werden kann. Die nun reduzierten Marketingkosten verstärken das Problem – denn ohne Werbung findet kein nennenswertes Wachstum im Wettbewerb mit regionalen Immobilienmaklern statt. Hierüber hinaus steht im Vordergrund eines Verkaufs immer die verkaufende Person und die persönlichen Begleitumstände, die den Verkauf bedingen. Ein Headquarter in Berlin kann die regionale Expertise, Erreichbarkeit und Marktkenntnis lokaler Makler vor Ort nicht ersetzen, schon gar nicht eine substituierte Softwarelösung – und Käufer als auch Verkäufer wissen dies.

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