Balkonkraftwerk für Mieter: Einstieg
Balkonkraftwerk für Mieter – so gelingt der Einstieg in die eigene Solarstrom-Produktion
Die Energiewende findet nicht mehr nur auf großflächigen Dächern oder in weitläufigen Solarparks statt. Sie hat den urbanen Raum erreicht und hält Einzug in die Städte. Angesichts hoher Strompreise und eines wachsenden Bewusstseins für nachhaltige Lebensweisen suchen immer mehr Menschen nach Wegen, ihre Energiekosten zu senken und einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten.
Für Mieter schien dieser Weg lange Zeit versperrt zu sein. Doch eine technische Innovation verändert die Spielregeln grundlegend: das Balkonkraftwerk. Dieser Ratgeber beleuchtet, wie der Einstieg in die private Solarstrom-Produktion auch ohne Eigentum gelingt.

Die Revolution am Balkon – was ist ein Stecker-Solargerät?
Bei einem Balkonkraftwerk handelt es sich im Grunde um eine kompakte Photovoltaikanlage, häufig auch als Mini-PV-Anlage oder Stecker-Solaranlage bezeichnet. Die Funktionsweise ist denkbar einfach. Die Anlage besteht aus einem oder mehreren Solarmodulen und einem Wechselrichter. Die Module wandeln Sonnenlicht in Gleichstrom um. Der Wechselrichter transformiert diesen Gleichstrom anschließend in den haushaltsüblichen Wechselstrom.
Der Strom wird über eine herkömmliche Steckdose direkt im Stromkreis der Wohnung geliefert. Dort versorgt er sofort laufende Verbraucher wie den Kühlschrank, den Router oder Geräte im Stand-by-Betrieb. Der Stromzähler dreht sich langsamer, die Stromrechnung sinkt. Den tagsüber erzeugten Strom für den Verbrauch in den Abendstunden zu nutzen, ist dank eines Balkonkraftwerks mit Speicher ebenfalls umsetzbar, was die Eigenverbrauchsquote erheblich erhöht.
Das Solarpaket I – ein Meilenstein für Mieter
Lange Zeit bewegten sich Mieter bei der Installation von Balkonkraftwerken in einer rechtlichen Grauzone. Das Jahr 2024 markiert hier eine Zäsur. Mit der Verabschiedung des sogenannten Solarpakets I hat die Bundesregierung den Weg für Mieter geebnet und bürokratische Hürden für die eigenständige Installation von Balkonkraftwerken in Mietwohnungen abgebaut. Diese gesetzlichen Neuerungen sind der Kern des Einstiegs in die nachhaltige Eigenproduktion von Strom.
Die Anhebung der Watt-Grenzen
Eine zentrale Änderung ist die Anhebung der maximal erlaubten Einspeiseleistung des Wechselrichters von 600 Watt auf 800 Watt. Außerdem wurde die erlaubte Modulleistung auf 2.000 Watt erweitert. Dies ist von Vorteil, wenn die Wetterbedingungen nicht optimal sind.
Diese Steigerungen erlauben es, die Leistung moderner Solarmodule besser auszunutzen, ohne die regulatorischen Anforderungen einer „großen“ Solaranlage zu erfüllen. Für Mieter bedeutet dies konkret: Sie dürfen mehr eigenen Strom produzieren und ihre Ersparnisse maximieren.
Der Umgang mit dem Vermieter
Die vielleicht wichtigste Neuerung für Mieter ist die Aufnahme von Stecker-Solaranlagen in den Katalog der „privilegierten Maßnahmen“ im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Ähnlich wie bei Wallboxen für E-Autos oder dem barrierefreien Umbau haben Mieter nun einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf die Installation. Dieser Umstand stärkt die Position von Mietern grundlegend. Eine Ablehnung des Vorhabens durch den Vermieter ist damit rechtlich ausgeschlossen.
Dieser Anspruch bedeutet jedoch kein Handeln ohne Absprache. Der Vermieter behält ein Mitspracherecht bezüglich der Art der Umsetzung. Dies greift insbesondere dann, wenn die Installation einen Eingriff in die Bausubstanz darstellt, etwa durch Bohrungen in der Fassade. Auch eine signifikante optische Beeinträchtigung der Gebäudeansicht oder nachweisbare Sicherheitsbedenken bei der Montage können berechtigte Einwände des Vermieters darstellen. Es bleibt daher ratsam, den Vermieter transparent über das Vorhaben zu informieren.
Die Technik – Komponenten und Sicherheit
Der Markt für Balkonkraftwerke wächst rasant. Kompakt-Sets sind preisgünstig und auch für Laien handhabbar. Dennoch sollten einige technische Aspekte Beachtung finden, um einen sicheren und effizienten Betrieb zu gewährleisten.
Von Modulen, Wechselrichtern und Steckern
Moderne Balkonkraftwerke nutzen hocheffiziente monokristalline Module. Herzstück bleibt der Wechselrichter, der die Leistung auf die erlaubten 800 Watt drosselt. Eine über mehrere Jahre hinweg debattierte Frage war die Art des Anschlusses. Während Fachverbände lange den teuren „Wieland-Stecker“ empfahlen, hat sich nun der haushaltsübliche Schuko-Stecker für den Anschluss durchgesetzt, sofern die Anlage die geltenden Normen erfüllt.
Sichere Montage am Balkongeländer
Die Sicherheit hat oberste Priorität. Dies gilt speziell für die Montage an Mietwohnungen, die sich in höheren Stockwerken befinden. Die Module müssen absolut sturmsicher befestigt werden. Eine Montage am Balkongeländer ist für Mieter die gängigste Methode, da sie keine Bohrlöcher in der Fassade erfordert.
Es ist entscheidend, ausschließlich zertifizierte und für den jeweiligen Balkontyp zugelassene Halterungssysteme zu verwenden. Diese Systeme stellen sicher, dass die Module auch bei starkem Wind sicher fixiert sind und keine Gefahr für Passanten oder das Eigentum anderer darstellen. Eine unsachgemäße Befestigung ist einer der Hauptgründe, warum Vermieter Einwände gegen die gewählte Montagemethode erheben können.
Der Faktor Wirtschaftlichkeit
Die Frage nach den Kosten eines Balkonkraftwerks für Mieter ist zentral. Die gute Nachricht: Die Investitionskosten sind überschaubar.
Amortisation und laufendes Ersparnis
Einsteiger-Sets ohne Speicher sind bereits für wenige Hundert Euro erhältlich. Leistungsstärkere Systeme oder Sets mit Batteriespeicher liegen preislich entsprechend höher. Die Amortisationszeit hängt stark vom individuellen Stromverbrauch, dem Anschaffungspreis und der Ausrichtung des Balkons ab. Bei optimaler Südausrichtung und hohem Eigenverbrauch kann sich die Anlage bereits nach drei Jahren rechnen.
Jede Kilowattstunde (kWh), die selbst produziert und verbraucht wird, muss nicht teuer vom Energieversorger eingekauft werden. Angesichts der Volatilität der Energiemärkte und der Herausforderungen durch den Klimawandel bietet das Balkonkraftwerk ein Stück planbare Entlastung und Energieautarkie.
Anmeldung leicht gemacht
Eine weitere Änderung in der Gesetzgebung betrifft die vereinfachte Anmeldung eines Balkonkraftwerks. Der bürokratische Aufwand wurde auf ein Minimum reduziert. War früher noch eine doppelte Meldung beim Netzbetreiber und im Marktstammdatenregister (MaStR) der Bundesnetzagentur notwendig, ist dieser Prozess nun deutlich gestrafft. Die Anmeldung muss nur noch online im Marktstammdatenregister erfolgen. Die gesonderte Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt, da dieser in der Regel automatisch durch den Eintrag im MaStR informiert wird.
Voraussetzung für den legalen Betrieb bleibt außerdem ein geeigneter Stromzähler. Alte Ferraris-Zähler ohne Rücklaufsperre sind für den Betrieb nicht mehr geeignet. Der Netzbetreiber tauscht diese jedoch kostenlos gegen einen modernen digitalen Zähler oder einen Smart Meter aus.
Fazit – ein Gewinn für Mieter und Umwelt
Balkonkraftwerke haben sich von einer Nischenlösung zu einem relevanten Instrument der urbanen Energiewende entwickelt. Die gesetzlichen Reformen des Jahres 2024 haben die größten Hürden für Mieter beseitigt. Der Einstieg in die eigene Solarstrom-Produktion ist nicht nur rechtlich abgesichert, sondern auch wirtschaftlich attraktiv und administrativ unkompliziert.
Wer die technischen Sicherheitsstandards bei der Montage beachtet und den Dialog mit dem Vermieter sucht, kann mit geringem Aufwand die eigenen Energiekosten spürbar senken und einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz leisten – direkt vom eigenen Balkon aus.



